Als leidenschaftliche Design- und Bike-Liebhaber war es eigentlich nur eine Frage der Zeit, bis jemand von uns auf das Berliner Fahrrad-Label Schindelhauer stoßen würde. Es geschah verhältnismäßig spät, doch dafür umso ausgeprägter: Oliver entdeckte eines Abends das neue Schindelhauer ThinBike und war derart in dessen Bann gezogen, dass es eine Woche später unser lädiertes Klapprad „Camolette 3000“ als offizielles 43einhalb Stadtfahrzeug ablöste. Grund genug für uns, euch die netten Macher hinter Schindelhauer vorzustellen.
Hey Stephan, alles gut? Stell dich mal kurz vor, wer bist du und was machst du bei Schindelhauer?
Gerade frisch aus dem Urlaub angereist, sitze ich hier sehr erholt und kann mich daher nicht beklagen. Aufgewachsen bin ich am Bodensee und habe mich stets auf dem Fahrrad zu Hause gefühlt. Seit dem 14. ein Lebensjahr habe ich diese Leidenschaft intensiviert und viel Erfahrung auf dem BMX, Mountainbike und später dann im Downhill-Sport gesammelt. Ohne Bike im Gepäck bin und war ich schon immer ungern unterwegs. Zeichnen war mein zweites großes Hobby und Produktdesign genau das richtige Studium, um mich kreativ auszutoben. Bei Schindelhauer bin ich für den gesamten Design Bereich zuständig: Produktgestaltung, Corporate Identity, alle grafischen Layoutumsetzungen sowie auch Events und Messeveranstaltungen.
Welche Art von Bikes produziert ihr, wie lange gibt es euch schon und wie groß ist euer Team?
Wir bauen in erster Linie stilvolle Bikes für den urbanen Raum. Unsere Modelle bestechen durch zeitloses Design, Funktionalität und eine moderne Ausstattung auf dem Stand der Technik. Die Firma Schindelhauer Bikes habe ich zusammen mit drei Freunden gegründet. Wir haben uns während des Studiums kennengelernt und gemeinsam an einem anderen Fahrzeugprojekt gearbeitet. Manuel Holstein und Jörg Schindelhauer als diplomierte Ingenieure, Martin Schellhase, der Betriebswirtschaft studierte und meine Wenigkeit als Designer – eine wirklich gute Kombination. Schnell zeigte sich, dass das Quartett in dieser Zusammenstellung sehr produktiv ist und wir unsere Ideen erfolgreich umzusetzen wissen. Die Idee, ein Fahrrad mit Zahnriemenantrieb zu bauen, begeisterte uns ungemein. Gesagt, getan – der erste Prototyp mit Zahnriemenantrieb überzeugte auf Anhieb und motivierte uns eine eigene neue Marke zu gründen. Wie schnell sich diese dann auf dem Markt etablierte hatte uns selber sehr überrascht. Schindelhauer Bikes gibt es mittlerweile in 21 Ländern und die Nachfrage stimmt uns durchaus positiv. Ein gesundes Wachstum lässt sich beobachten und auch das Team vergrößert sich entsprechend. Mittlerweile ist Ina Becker noch mit dabei, die sich für die Buchhaltung verantwortlich zeigt und Sebastian Taege, der die Leitung der Werkstatt übernommen hat. An dieser Stelle muss ich noch loswerden, dass es wirklich großartig ist, mit so einem tollen Team zusammenzuarbeiten. Der Spaß bleibt hier wirklich nicht auf der Strecke.
Euer Hauptsitz ist in Berlin – warum gerade Berlin? Was verbindet euch mit der Stadt?
Gegründet haben wir das Unternehmen in Magdeburg, wo wir auch alle studiert haben. Der Gedanke nach Berlin umzusiedeln, begleitete uns jedoch schon von Anfang an. Viele Freunde von uns wohnen dort, daher war sowieso ständig ein Bezug da und viele Pendelaktionen. Nachdem sich unser Unternehmen gefestigt hatte und wir sowieso nach neuen Räumlichkeiten Ausschau halten mussten, konnten wir den Schritt umsetzen. In Berlin ist man doch sehr nahe am Puls der Zeit. Man wird täglich inspiriert und kann ständig etwas Neues entdecken. Auch die Radszene ist hier sehr aktiv. Es werden ständig Events organisiert und es lässt sich jederzeit eine Truppe für eine spontane Ausfahrt zusammentrommeln. Wir fühlen uns hier wohl. Ein Vorteil zeigt sich auch darin, geschäftliche Kontakte zu pflegen. Viele halten sich regelmäßig in der Hauptstadt auf und spontane Meetings lassen sich nun einfacher realisieren.
Wie muss man sich den Produktionsprozess eines Schindelhauer Bikes vorstellen? Es steckt mit Sicherheit ein bisschen mehr Entwicklung in einem Rad als ein gelungener Entwurf, oder?
Grundlegend basiert ein Entwurf ganz klassisch auf einem Anforderungsprofil – Einsatzbereich, Zielgruppe, Ausstattungsbedürfnisse etc… Viele Hürden kristallisieren sich dann durch Serienfertigung heraus. Ein einzelnes schickes Rad lässt sich doch recht einfach realisieren. Wenn man jedoch eine Serie von Rädern plant, spielen hier viele Faktoren mit rein, die man von Beginn an gar nicht bedenkt und die einen zu verschiedenen Kompromissen zwingen. Eine Herausforderung ist es sicherlich ausschließlich mit dem Zahnriemensystem zu arbeiten. Auch hier gibt es viele Sachverhalte zu beachten und technische Aufgaben zu lösen. Nach nun fast fünf Jahren Praxiserfahrung sind wir diesbezüglich sehr gut gewappnet. Da wir ein zeitloses Design und lange Produktzyklen anstreben, haben wir nicht den üblichen Druck der Fahrradindustrie im Nacken, jedes Jahr ein komplett neues Modell auf den Markt zu bringen. Das macht für uns auch gar keinen Sinn: Warum sollte ein perfekt funktionierendes und auch optisch ausgereiftes Rad schon im nächsten Jahr wieder veraltet sein. Dennoch steht unsere Entwicklung keineswegs still. In jeder Saison gibt es hier und da weiterführende Änderungen, um die Räder zu optimieren. Meist stecken die Unterschiede im Detail. Bisher bereicherte auch jedes Jahr ein neuer Kandidat unsere Modellpalette …und die Ideen-Kiste hier ist noch recht voll, da könnte es in Zukunft noch einige spannende Dinge geben.
Wo werden eure Schindelhauer Bikes produziert?
Die einzelnen Teile werden in den verschiedensten Ländern produziert. Je nachdem, wo wir den richtigen Partner für die entsprechenden Anforderungen finden. Teilweise begleiten unseren beiden Ingenieure auch die einzelnen Produktionsprozesse vor Ort, um die Entwicklung noch verbessern zu können. Hier in Deutschland wird dann alles zusammengetragen und teilweise noch gepulvert. Der Großteil der Serie wird in Handarbeit in Sachsen-Anhalt montiert. Unsere zwei Top-Modelle werden direkt hier in Berlin in unse-rem Office aufgebaut.
Ihr verbaut in allen Schindelhauer Modellen einen Riemenantrieb anstatt gewöhnlicher Kette – warum? Was zeichnet diese Antriebsart aus?
Der größte Vorteil des Zahnriemens gegenüber einer herkömmlichen Kette ist wohl die Wartungsfreiheit. Der Riemen läuft komplett trocken und braucht kein Öl oder Fett. Damit gehören auch schmutzige Hosen- beine der Vergangenheit an. Die Laufleistung liegt bei etwa 20.000km, was in etwa die 3–5fache Lebensdauer einer Kette darstellt. Der Zahnriemen läuft im Gegensatz zur Kette auch absolut geräuschlos und bringt lediglich ein Gewicht von 70g auf die Waage. Gerade im täglichen Betrieb spielt der Antrieb seine Vorteile aus und passt daher perfekt auf unsere Räder.
Gibt es sonst noch weitere technische Raffinessen, die ihr einsetzt?
Die Implementierung des Zahnriemens ist das erste Hindernis, das bei dessen Verwendung gelöst werden muss. Da der Riemen endlos ist, muss der Rahmen im hinteren Rahmendreieck eine Öffnung besitzen, um ihn dort einführen zu können. Hier lag unser Anspruch darauf, das „Rahmenschloss“ so unauffällig wie möglich zu gestalten und dabei die Steifigkeit des Hinterbaus nicht zu beeinträchtigen. Unsere patentierte Lösung ist der „Belt-Port“, der sich direkt im Ausfallende befindet und nur bei genauem Hinschau- en zu entdecken ist. Das zweite von uns entwickelte Patent ist das „Crocodile“-Spannsystem. Damit wird das Spannen des Riemens zum Kinderspiel. Es gibt unglaublich viele Fahrrad-Marken in Deutschland und doch fällt Schindelhauer durch sehr eigene Designs auf. Wie wichtig ist euch der Designprozess eurer Bikes, was macht eure Designs aus? Das ästhetische Erscheinungsbild unserer Räder liegt uns in der Tat sehr am Herzen. Wir sind bemüht eine aufgeräumte Optik zu schaffen, Verbindungsstellen und Anschlüsse möglichst zu integrieren und den Rädern einen eigenen Charakter zu verleihen. Ein Schindelhauer soll die Wertigkeit, die drinsteckt auch nach außen transportieren – aber stets mit Understatement. Ein Journalist meinte mal: „Auf dem Fahrradmarkt ist Schindelhauer Bikes wie der Aston Martin in der Automobilbranche.“ Mit großer Freude haben wir das Kompliment entgegengenommen, da für uns die besagte Marke aktuell die schönsten Autos kreiert.
Kommen wir nun zu den wirklich wichtigen Punkten: Welche Schuhe / Sneaker tragt ihr am liebsten beim Biken?
Nach einem Blick unter die Tische hier im Büro sind hier Hummel, Vans und New Balance vertreten. So fahren wir täglich ins Büro. Bei längeren Ausfahrten kommen dann Klickschuhe zum Einsatz.
Vielen Dank an euch für das Interview!